Ein Kommentar von Markus Brun, Leiter Internationale Zusammenarbeit bei Fastenaktion
Mehr als Dreiviertel der Befragten überschätzen zudem die Höhe der aktuellen Beiträge des Bundes an die Entwicklungszusammenarbeit. Sie denken der Bund zahlt mehr als er wirklich tut. Und es wird noch erfreulicher: eine deutliche Mehrheit befürwortet politische Massnahmen zur Reduktion weltweiter Ungleichheit. Das heisst die Befragten unterstützen beispielsweise Massnahmen zum Schutz vor Verletzung von Menschenrechten und vor Umweltverschmutzung durch in der Schweiz ansässige multinationale Konzerne. Eine Mehrheit ist der Meinung, dass solche Massnahmen zugunsten weltweiter Solidarität auch dann umgesetzt werden sollen, wenn der Schweiz dadurch ökonomische Verluste drohen.
Ausmass der weltweiten Armut nicht bekannt
Schweizerinnen und Schweizer zeigen sich stark besorgt von weltweiter Armut, kennen aber deren wahres Ausmass nur begrenzt. Lediglich ein Viertel der Befragten weiss, dass 60 Prozent der Menschen auf der Welt mit weniger als 10 Dollars pro Tag leben muss! Die UNO Ziele für nachhaltige Entwicklung kennen 88 Prozent der Befragten gar nicht oder kaum – und dies, obwohl die Einrichtungen der UNO einen guten Ruf geniessen.
Starke Solidarität in der Schweiz
Um konkret etwas gegen Armut in der Welt zu tun, vertrauen die Befragten nicht nur in den Staat, sondern sind im Vergleich zu anderen in Europa lebenden Menschen auch überdurchschnittlich bereit, privat zu spenden. Weltweite Solidarität, das Wahrnehmen globaler Verantwortung auch in der Politik und die eigene Spendenbereitschaft zur Bekämpfung von Armut sind und bleiben also erfreulicherweise hoch im Kurs!
Schweizer Politik gefordert
Dieser eindeutige Befund sollte nicht nur jene Parlamentsmitglieder nachdenklich stimmen, die in den nächsten Budgetrunden mit Kürzungen der Entwicklungshilfegelder liebäugeln um andere Staatsaufgaben grosszügiger finanzieren zu können. Er sollte auch den zuständigen Aussenminister wachrütteln, der vor kurzem die Zivilgesellschaft für ihre politische Aufklärungsarbeit bestraft hat und es offensichtlich für wenig nötig hält, dass die Schweizer Bevölkerung über die Zustände und Ursachen von Hunger und Ungleichheit im globalen Süden seriös informiert wird.
Fundierte Information ist wichtig
Damit die weltweite Solidarität auch in Krisenzeiten erhalten bleibt, muss die Schweizer Bevölkerung über die Lebenssituation armer Menschen im Süden informiert sein – sie muss aber auch seriös darüber informiert sein, was die Schweiz finanziell und politisch tut, um weltweite Armut zu reduzieren. Ist sie gut informiert, wird sie weiterhin offen für solidarische Hilfe durch den Staat sein. Und sie wird weiterhin auch individuell spenden, um einen Beitrag zur Verkleinerung der globalen Ungleichheit zu leisten. Eine frohe Botschaft in Zeiten von Krisen!