Schweizer Raffinerien

Mehr Transparenz und Kontrolle über importiertes Gold

12.10.2023

Die Schweizer Raffinerie ARGOR-HERAEUS importiert seit fast 20 Jahren Gold aus dem Bajo Cauca, einer Konflikt- und Hochrisikoregion in Kolumbien. Eine neue Studie von Fastenaktion deckt nun negative Folgen für Mensch und Umwelt auf. Die betroffenen Gemeinden werden nicht angemessen einbezogen und die Herkunft des Goldes nicht transparent kommuniziert. Darum braucht es endlich griffige Standards bezüglich der Transparenz im Goldhandel und bei der Kontrolle von Raffinerien

Ein Text von François Mercier, Fachverantwortlicher Rohstoffe und Menschenrechte bei Fastenaktion

Die Schweiz gilt als eine Drehscheibe für den weltweiten Goldhandel und raffiniert knapp ein Drittel des weltweit produzierten Goldes. Dabei ist die ARGOR-HERAEUS in Mendrisio (TI) eine der wichtigsten Raffinerien in der Schweiz. Um sicherzustellen, dass sie nachhaltig gefördertes Gold importiert, ist sie verpflichtet, schweizerische und internationale Standards zu erfüllen. Dazu zählt unter anderem eine Sorgfaltspflicht. Dadurch sollen Umweltverschmutzung und der Verstoss gegen Menschenrechte in der Produktionsregion entgegengewirkt werden.  

In der neuen Studie, die mit Hilfe unseres Partners IPC (Instituto Popular de Capacitación) durchgeführt wurde, wurden die Goldimporte von ARGOR-HERAEUS aus dem Bajo Cauca in Kolumbien analysiert. 

Zweifel an der Sorgfaltspflicht der Raffinerie 

ARGOR-HERAEUS gilt als wichtiger Geschäftspartner der kolumbianischen Firma MINEROS. Diese baut in der Region am Fluss Nechí Gold ab und exportierte in den letzten zehn Jahren die Mehrheit davon an ARGOR-HERAEUS. Betroffene Gemeinden in der Region bestätigen erhebliche negative Folgen für die lokale Bevölkerung und die Umwelt. So erhalten vertriebene Familien unzureichende Entschädigungen. Für die lokale Fischerei lebensnotwendige Feuchtgebiete werden stark in Mitleidenschaft gezogen, wodurch die Ernährungssicherheit der Bewohnerinnen und Bewohner gefährdet ist. Zudem kommt es zu Dammbrüchen, die das Ökosystem stark verschmutzen. 

Internationale Standards fordern von Raffinerien unter anderem, Besuche vor Ort durchzuführen, die lokalen Gemeinschaften zu konsultieren und sich über die Sicherheitslage zu informieren. Allerdings hatten weder die gesetzlichen Vertreter des Flusses noch die von uns befragten Fischereiverbände und auch nicht unsere Partnerorganisation Kontakt zu einem Vertreter von ARGOR-HERAEUS. Darauf angesprochen weigert sich die Raffinerie, ihre Informationsquellen und die konsultierten Gemeinschaften zu nennen. Hinzu kommt noch, dass auch sonst einige Unklarheiten bestehen und, dass die Raffinerie lückenhafte Kenntnisse zur Sicherheitslage auf dem Gelände zu haben scheint. So sind eine Vielzahl an illegalen Bergarbeiter auf dem Gelände von MINEROS tätig. Die Studie zeigt, dass die Exporte der Mine zwischen 2014 und 2022 einen erheblichen Anteil an Gold unbekannter Herkunft enthalten. ARGOR-HERAEUS hingegen versichert, dass das Gold nicht aus illegalen Quellen stammt, liefert aber auch hier keine detaillierten Informationen. 

Ein Schwimmbagger der Gold auf dem Rio Nechi abbaut.
Der illegale Goldabbau auf dem Gelände von MINEROS löst verheerende Folgen für die Menschen und die Umwelt aus.

Für mehr Transparenz und eine verantwortungsvolle Goldgewinnung  

In der Schweiz veröffentlichen weder die Behörden noch die grossen Raffinerien Informationen über die Herkunft des abgebauten Goldes. Unsere Recherche lässt Zweifel an den ergriffenen Massnahmen zur Einhaltung der Sorgfaltspflicht von ARGOR-HERAEUS aufkommen. Sowohl das Schweizer Gesetz zum Goldhandel als auch die internationalen Standards reichen nicht aus, um die Raffinerien sinnvoll zu kontrollieren. Angesichts dieser Situation setzt sich Fastenaktion für mehr Transparenz und Kontrolle ein. Transparenz über die Herkunft des Goldes muss gewährleistet sein und in Hochrisikogebieten eine erhöhte Sorgfaltspflicht ausgeübt werden. Schweizer Raffinieren wie ARGOR-HERAEUS sollen sich nicht aus Risikogebieten zurückzuziehen, weil sich dadurch die Situation dieser Gebiete nicht verbessern würde. Es braucht aber starke Gesetze und Richtlinien – in der Schweiz, wie auch international. Nur durch den Einbezug aller Interessensgruppen wie Geschäftspartner, Behörden und Zivilgesellschaft, kann ein verantwortungsvoller Goldabbau gewährleistet werden. Zudem kann dadurch ein positiver Beitrag zur Entwicklung der am stärksten gefährdeten Regionen geleistet werden. Dabei geht es um den Schutz der Umwelt, die Menschenrechte und die Zukunft der lokalen Bevölkerung im Bajo Cauca.

Die Studie von Fastenaktion auf Deutsch finden Sie hier.

Korrespondenz zwischen Fastenaktion und Argor-Heraeus, Februar – Juli 2023

Der Verband der «Flusswächter», die offizielle Vertretung des Flusses Nechí, erläutert die entstandenen Schäden und versichert, dass sie niemals von MINEROS konsultiert wurden.

Unterstützen Sie unseren Einsatz für eine nachhaltige und gerechte Wirtschaft

Wählen Sie hier die Summe, die Sie spenden möchten

Diese Internetseite verwendet Cookies, um die Nutzererfahrung zu verbessern und den Benutzern bestimmte Dienste und Funktionen bereitzustellen. Es werden keine der so gesammelten Daten genutzt, um Sie zu identifizieren oder zu kontaktieren. Mehr erfahren