Die Partnerorganisationen von Fastenaktion arbeiten mehrheitlich im ländlichen Raum im Nordwesten Haitis. Die Menschen dort leben oft in prekären Verhältnissen und betreiben Landwirtschaft für den Eigenbedarf. Zwar sind sie vom Terror der kriminellen Banden bisher nicht direkt betroffen, jedoch bekommen auch sie die dadurch ausgelösten Versorgungsengpässe zu spüren: Die Banden blockieren den Hafen der Hauptstadt Port-au-Prince und wichtige Überlandstrassen. Ausserdem hat der Inselnachbar, die Dominikanische Republik, die Grenzen geschlossen – viele Güter des täglichen Bedarfs sind dadurch blockiert. Zudem hat sich auch das lokal hergestellte Saatgut erheblich verteuert.
Die Folgen: eine galoppierende Inflation und eine rapide Zunahme von Armut und Hunger. Fastenaktion unterstützt deshalb vier Partnerorganisationen auf Haiti bei gezielter Nothilfe für die Ärmsten in unseren Projekten. Die Hilfe besteht aus zwei Elementen: Einerseits verteilen die Partnerorganisationen Saatgut, etwa für Bohnen, Erbsen oder Yams, damit die Menschen trotz der Krise anpflanzen und später ernten können.
Die Bevölkerung braucht Hilfe
Andererseits organisieren sie bezahlte Gemeinschaftsarbeit zur Verbesserung der Infrastruktur, etwa die Reparatur eines Bewässerungskanals, der Erosionsschutz bei Feldern oder die Wiederaufforstung. So kommen die Menschen kurzfristig zu Bargeld, das sie normalerweise mit dem Verkauf von landwirtschaftlicher Überproduktion verdienen würden. Doch dieser Verkauf wird derzeit durch Strassenblockaden massiv erschwert.
Das verteilte Saatgut stammt aus der Region selbst und kann deshalb ohne grössere Einschränkungen zu den betroffenen Bäuerinnen und Bauern transportiert werden. Eine direkte Lebensmittelhilfe mit Produkten von ausserhalb wäre hingegen logistisch derzeit schwierig.
Tote, Verletzte und Hungernde
Haitis Situation ist seit der Ermordung von Präsident Jovenel Moïse 2021 noch chaotischer als ohnehin schon. Ende Februar jedoch eskalierte die Lage, als bewaffnete Banden die Macht in der Hauptstadt übernahmen. Ausländische Regierungen haben seither Hunderte ihrer Bürger evakuiert. Allein dieses Jahr wurden 2500 Menschen getötet oder verletzt, rund 1.6 Millionen droht eine Hungersnot.
«Es ist weiterhin zu gefährlich, Port-au-Prince zu verlassen», sagt der Koordinator von Fastenaktion, der in einem Vorort der Hauptstadt lebt und seit Wochen von zu Hause aus arbeitet. Er ist jedoch zuversichtlich, dass sich die Sicherheitslage noch dieses Jahr bessern wird . «Voraussetzung dafür ist, dass der Übergangsrat für Sicherheit im Land sorgt und transparente Wahlen organisieren kann.» Ausserdem werde es substanzielle Wirtschaftshilfe von aussen brauchen – und eine Perspektive für die Menschen. «Die Entscheidungsprozesse im Rat werden sicherlich länger dauern. Aber da alle wichtigen politischen Kräfte darin vertreten sind, besteht Hoffnung, dass bisherige Blockaden überwunden werden können.»