
Die Schweiz gilt als eine Drehscheibe für den weltweiten Goldhandel und raffiniert knapp ein Drittel des weltweit produzierten Goldes. Dabei ist die ARGOR-HERAEUS in Mendrisio (TI) eine der wichtigsten Raffinerien in der Schweiz. Um sicherzustellen, dass sie nachhaltig gefördertes Gold importiert, ist sie verpflichtet, schweizerische und internationale Standards zu erfüllen. Dazu zählt unter anderem eine Sorgfaltspflicht. Dadurch sollen Umweltverschmutzung und der Verstoss gegen Menschenrechte in der Produktionsregion entgegengewirkt werden.
In der neuen Studie, die mit Hilfe unseres Partners IPC (Instituto Popular de Capacitación) durchgeführt wurde, wurden die Goldimporte von ARGOR-HERAEUS aus dem Bajo Cauca in Kolumbien analysiert.
Zweifel an der Sorgfaltspflicht der Raffinerie
ARGOR-HERAEUS gilt als wichtiger Geschäftspartner der kolumbianischen Firma MINEROS. Diese baut in der Region am Fluss Nechí Gold ab und exportierte in den letzten zehn Jahren die Mehrheit davon an ARGOR-HERAEUS. Betroffene Gemeinden in der Region bestätigen erhebliche negative Folgen für die lokale Bevölkerung und die Umwelt. So erhalten vertriebene Familien unzureichende Entschädigungen. Für die lokale Fischerei lebensnotwendige Feuchtgebiete werden stark in Mitleidenschaft gezogen, wodurch die Ernährungssicherheit der Bewohnerinnen und Bewohner gefährdet ist. Zudem kommt es zu Dammbrüchen, die das Ökosystem stark verschmutzen.
Internationale Standards fordern von Raffinerien unter anderem, Besuche vor Ort durchzuführen, die lokalen Gemeinschaften zu konsultieren und sich über die Sicherheitslage zu informieren. Allerdings hatten weder die gesetzlichen Vertreter des Flusses noch die von uns befragten Fischereiverbände und auch nicht unsere Partnerorganisation Kontakt zu einem Vertreter von ARGOR-HERAEUS. Darauf angesprochen weigert sich die Raffinerie, ihre Informationsquellen und die konsultierten Gemeinschaften zu nennen. Hinzu kommt noch, dass auch sonst einige Unklarheiten bestehen und, dass die Raffinerie lückenhafte Kenntnisse zur Sicherheitslage auf dem Gelände zu haben scheint. ARGOR-HERAEUS versichert, dass das Gold nicht aus illegalen Quellen stammt, liefert aber auch hier keine detaillierten Informationen.

Für mehr Transparenz und eine verantwortungsvolle Goldgewinnung
In der Schweiz veröffentlichen weder die Behörden noch die grossen Raffinerien Informationen über die Herkunft des abgebauten Goldes. Unsere Recherche lässt Zweifel an den ergriffenen Massnahmen zur Einhaltung der Sorgfaltspflicht von ARGOR-HERAEUS aufkommen. Sowohl das Schweizer Gesetz zum Goldhandel als auch die internationalen Standards reichen nicht aus, um die Raffinerien sinnvoll zu kontrollieren. Angesichts dieser Situation setzt sich Fastenaktion für mehr Transparenz und Kontrolle ein. Transparenz über die Herkunft des Goldes muss gewährleistet sein und in Hochrisikogebieten eine erhöhte Sorgfaltspflicht ausgeübt werden. Schweizer Raffinieren wie ARGOR-HERAEUS sollen sich nicht aus Risikogebieten zurückzuziehen, weil sich dadurch die Situation dieser Gebiete nicht verbessern würde. Es braucht aber starke Gesetze und Richtlinien – in der Schweiz, wie auch international. Nur durch den Einbezug aller Interessensgruppen wie Geschäftspartner, Behörden und Zivilgesellschaft, kann ein verantwortungsvoller Goldabbau gewährleistet werden. Zudem kann dadurch ein positiver Beitrag zur Entwicklung der am stärksten gefährdeten Regionen geleistet werden. Dabei geht es um den Schutz der Umwelt, die Menschenrechte und die Zukunft der lokalen Bevölkerung im Bajo Cauca.
Die Studie von Fastenaktion auf Deutsch finden Sie hier.
Die Berichtigung der Goldstudie vom September 2024 finden Sie hier.
Korrespondenz zwischen Fastenaktion und Argor-Heraeus, Februar – Juli 2023