Mary Agw’alas’ Feld liegt direkt neben dem Haus der Familie im ländlichen Umland von Bungoma im Westen Kenias. Der Weg zu ihr führt über holprige Naturpisten mit eindrücklichen Schlaglöchern, um die alle Fahrzeuge vorsichtig herummanövrieren müssen.
Stolz präsentiert die 51-jährige Kleinbäuerin ihre Beete, in denen zahlreiche Gemüsesorten spriessen. Etwa ein Viertel der aktuellen Fläche hatte ihr Mann Simon ihr 2020 nach dem Beitritt zur Akiyuun-Solidaritätsgruppe zur Verfügung gestellt. «Dieser Boden hatte bis anhin nicht viel hergegeben, wohl auch deshalb hat er ihn mir überlassen», erzählt die Mutter von fünf Kindern im Alter von 13 bis 25 Jahren.
Solidaritätsgruppen
In den Solidaritätsgruppen zahlen die Mitglieder Beträge in Form von Geld oder Grundnahrungsmitteln in eine gemeinsame Kasse ein. Daraus können sie günstige oder im Senegal gar zinslose Darlehen für Grundbedürfnisse wie die Begleichung von Schulgebühren, Gesundheitsausgaben oder den Kauf von Nahrungsmitteln aufnehmen.
Auch bei Notfällen kann Geld oder Getreide geliehen werden, denn nicht Profit, sondern Solidarität und Absicherung stehen an erster Stelle. Fastenaktion finanziert jeweils Ausbildung und Begleitung der Gruppen, die durch lokale Animatorinnen und Animatoren geschieht, zahlt aber selbst nichts in die Kassen ein.
Die Solidaritätsgruppen sind auf die kulturellen Besonderheiten der jeweiligen Länder abgestimmt. Und sie reduzieren den Hunger zuverlässig und nachhaltig, wie eine Wirkungsstudie 2019 (auf Englisch) zeigte.
Heute bewirtschaftet Mary nicht nur ein kleines Stück Land, sondern führt die ganze Farm erfolgreich.
Ernteerfolg dank Agrarökologie
Doch ihr Ehemann erlebte eine Überraschung. Mary bewirtschaftete das kleine Stück Land mit den agrarökologischen Methoden, die sie an den Schulungen der Kimaeti Farmers Association kennengelernt hatte, einer Partnerorganisation von Fastenaktion. «Die reiche Ernte an Grünkohl, Spinat und anderen Gemüsesorten hat meinen Mann derart beeindruckt, dass er mir 2023 dreimal so viel Land zusätzlich überlassen hat», erzählt Mary strahlend und lässt ihren Blick über die grosse Fläche schweifen.
Boden ist in Kenia normalerweise fest in Männerhand; Marys 71-jähriger Ehemann zum Beispiel hat sein Land von seinem Vater geerbt. Doch weil sie ihre rund 2500 Quadratmeter so erfolgreich bewirtschaftet, wird er Mary nicht nur dieses Land offiziell überlassen, sondern ihr auch das Management der gesamten Farm übergeben. Denn Simon fühlt sich zu alt, um die körperlich anspruchsvolleren agrarökologischen Techniken selbst anzuwenden.
«Ich bin sehr glücklich, wie sich alles entwickelt hat!»
Besseres Essen, Unabhängigkeit – und Hoffnung
Der Kontrast zu Marys früherem Leben ist enorm: Vor 2020 hatte sie kein eigenes Geld, musste für alles immer ihren Mann konsultieren und hatte regelmässig Magenprobleme wegen einseitigem, ungesundem Essen. Hoffnung auf Besserung gab es kaum – dennoch hat sie nicht aufgegeben. Und seit ihrem Beitritt zur Solidaritätsgruppe änderte sich alles: «Die Produkte von unserem Feld sind vielfältiger und gesünder. Weil ich sie auch verkaufen kann, habe ich ein eigenes Einkommen und kann selbst Entscheide treffen.» Sogar ihre Beziehung hat sich verbessert. «Simon und ich arbeiten heute zusammen und diskutieren die Themen, die anstehen.»
Bereits denkt Mary darüber nach, mit dem selbstverdienten Geld weiteres Land zu leasen. «So könnte ich meine Produktion erweitern und vielleicht genug verdienen, damit wir uns ein schöneres Haus bauen können.» Mit diesen Aussichten ist sie optimistisch, dass es ihre Kinder einmal einfacher und besser haben werden als sie. Mary gibt ihnen weiter, was sie gelernt hat; ausserdem kann sie es sich leisten, sie in gute Schulen zu schicken. «Ich bin sehr glücklich, wie sich alles entwickelt hat!»
«Fastenaktion befähigt Menschen»
Stellamaris Mulaeh koordiniert seit 2008 die Projekte von Fastenaktion in Kenia. Sie erklärt, weshalb unser Ansatz so aussergewöhnlich und wirksam ist. Lesen Sie hier das Interview.