Mehr als 100 Menschen sind Taifun Kalmaegi zum Opfer gefallen, der am Mittwoch mit bis zu 195 km/h über die Philippinen gefegt ist. Die meisten sind wegen Überschwemmungen ertrunken. Laut Medienberichten sind fast zwei Millionen Menschen von den Folgen des Wirbelsturms betroffen, mehr als eine halbe Million musste in Notunterkünften untergebracht werden. Der Präsident hat den nationalen Notstand ausgerufen.
Besonders stark getroffen wurde die zentrale Provinz Cebu, die noch immer mit den Folgen eines Erdbebens der Stärke 6.9 am 30. September zu kämpfen hat. Und für dieses Wochenende wird bereits der nächste Wirbelsturm erwartet. Wir haben mit unserer Koordinatorin Bembet Madrid über die Lage vor Ort gesprochen.
Besonders stark getroffen wurde die zentrale Provinz Cebu, die noch immer mit den Folgen eines Erdbebens der Stärke 6.9 am 30. September zu kämpfen hat. Und für dieses Wochenende wird bereits der nächste Wirbelsturm erwartet. Wir haben mit unserer Koordinatorin Bembet Madrid über die Lage vor Ort gesprochen.
Ein Vorher-Nachher-Vergleich eines nun zerstörten Hauses in einem Bergdorf in Cebu City
Bembet, wie ist aktuell die Situation auf den Philippinen?
Taifun Kalmaegi traf Gebiete, die sich noch immer nicht völlig von diversen anderen Katastrophen erholt haben, darunter Erdbeben, Vulkanausbrüche und andere Unwetter in den letzten Monaten. Tausende Familien in Visayas und Mindanao leben in Unsicherheit. Viele können nach wie vor nicht in ihre Dörfer zurück und haben nur begrenzten Zugang zu sauberem Wasser, Nahrungsmitteln und Unterkünften. Hinzu kommen das Trauma und die Angst vor weiteren Katastrophen, die insbesondere Frauen und Kinder zusätzlich belastet. Der Bedarf an Hilfe ist gross.
Wie geht es den Menschen in den Gebieten, wo Fastenaktion tätig ist?
Fast 80 Prozent unserer Programmgebiete wurden in letzter Zeit gleich von mehreren Katastrophen getroffen. Taifun Kalmaegi traf im Norden Cebus Gemeinden von drei Partnerorganisationen, die noch immer mit den Folgen des Erdbebens von Ende September ringen. Im Osten von Samar hat ein anderer Partner wiederholt mit Überschwemmungen zu kämpfen. Und der nächste Taifun nähert sich bereits – er wird voraussichtlich drei weitere Partner im Norden von Luzon treffen. Die Menschen in diesen Regionen haben schon so viel durchgemacht. Aber dieselben Familien, die gerade Zelte und Hilfsgüter erhalten haben, wurden nun wegen Überschwemmungen erneut vertrieben. Gemeinden, die gerade begonnen hatten, sich zu erholen, sind erneut zerstört.
Wie unterstützen wir die Menschen in dieser schwierigen Situation?
Die Partner von Fastenaktion sind vor Ort, beurteilen die Bedürfnisse und koordinieren sich mit den lokalen Behörden, um sicherzustellen, dass die Hilfe die am stärksten gefährdeten Menschen erreicht. Ausserdem stehen ehrenamtliche Berater:innen und Psycholog:innen bereit, um auch psychologisch Erste Hilfe zu leisten, sobald die Gemeinden erreichbar sind.
Fastenaktion unterstützt Projekte zur Katastrophenvorsorge – wie erfolgreich sind diese bei der Schadensverhütung und der Rettung von Menschenleben?
Sie haben eine grosse Wirkung: Seit wir damit begonnen haben, gab es in diesen Gemeinden keine Todesopfer mehr. Die Katastrophenvorsorgepläne werden zudem regelmässig angepasst, um die neusten wissenschaftlichen Erkenntnisse zu berücksichtigen. Das hilft den Menschen, die Gefahrenkarten und Notfallpläne zu aktualisieren. Doch die Stärkung der Gemeinden und der Aufbau von Widerstandsfähigkeit sind nur ein Teil der Lösung.
Philippinen Koordinatorin Bembet Madrid
Was braucht es ausserdem?
Eine bessere Regierungsführung, zum Beispiel eine echte Klimapolitik und wirksame Prävention wie den Aufbau einer katastrophensicheren Infrastruktur. Wir müssen den Druck gegenüber der Regierung aufrechterhalten und einen umfassenderen, proaktiven Ansatz für das Katastrophenmanagement fordern.
Am Montag beginnt in Brasilien die Weltklimakonferenz COP30. Die Philippinen spüren die Klimaerwärmung besonders stark, weil die Taifune dadurch noch zerstörerischer werden. Was ist deine Botschaft an die Verhandlungsdelegationen der COP?
Wir brauchen dringend Entscheidungen, die auf Gerechtigkeit und Solidarität basieren. Die Philippinen stehen bei den katastrophalen Folgen der Klimaextreme an vorderster Front. Wir erinnern die Welt daran, dass Verluste und Schäden keine abstrakten Konzepte sind, sondern gelebte Realität. Deshalb fordern wir die Vertragsparteien nachdrücklich dazu auf, ehrgeizige, wissenschaftlich fundierte, verbindliche Verpflichtungen zu beschliessen – insbesondere für die Finanzierung von Verlusten und Schäden sowie die Unterstützung von Anpassungsmassnahmen zum Schutz gefährdeter Gemeinschaften. Die COP30 soll einen Wendepunkt markieren: Weg von blossen Versprechungen, hin zu sinnvollen Massnahmen für eine sicherere und widerstandsfähigere Zukunft
Der nächste Wirbelsturm wird die Philippinen bereits dieses Wochenende treffen. Können Sie etwas tun, um den Menschen bei den Vorbereitungen zu helfen?
Der kommende Taifun ist bereits der 21..in diesem Jahr. Unsere Partner in Aurora und Quezon haben gestern ihre Notfallpläne reaktiviert. Die obligatorischen Evakuierungen haben begonnen: Fischer sichern ihre Boote, Familien schützen ihre Häuser mit Bambusstreben, Bauern sorgen dafür, dass ihr Saatgut sicher ist, und ernten, was bereits geerntet werden kann.
Canlaon Negros Island Fluss mit Felsbrocken vom Kanlaon-Vulkan
Wie gehst du selbst mit diesen ständigen Bedrohungen durch Naturkatastrophen um?
Ich war am 10. Oktober gerade in Mindanao unterwegs, um Projekte zu besuchen, als ein Erdbeben der Stärke 7,4 Davao Oriental erschütterte: Der Boden schwankte, Menschen rannten aus ihren Häusern – tatsächlich dauerte es ein paar Sekunden, bis wir begriffen, dass es sich um ein Erdbeben handelte. Und es gab dann über mehrere Tage hinweg bis zu zwanzig Nachbeben pro Tag. Sowas mitzuerleben, ist natürlich beängstigend und belastend. Gleichzeitig jedoch konnte ich verfolgen, wie die Menschen zusammenkamen, um sich gegenseitig zu helfen, um ihre bescheidenen Ressourcen zu teilen, um Zerstörtes gemeinsam wieder aufzubauen. Das zu sehen, gibt mir Kraft und Zuversicht, dass sich unsere Arbeit lohnt.