Die knapp 200 Länder, die das Pariser Klimaabkommen unterzeichnet haben, müssen alle fünf Jahre bei der Uno einen nationalen Klimaaktionsplan (NDC: Nationally Determined Contribution) einreichen. Damit legen die einzelnen Staaten fest, wie sie dazu beitragen, die Erderwärmung auf 1,5 Grad Celsius zu begrenzen. Mit dem Ziel, dass jedes Land seinen Beitrag zur globalen Emissionsreduktion leistet.
Schweiz zwar pünktlich, aber zu wenig ambitioniert
Ende Januar hat die Schweiz zum zweiten Mal ihre Klimaziele vorgelegt – aus Sicht von Fastenaktion und weiteren Schweizer NGOs gehen die Beiträge zu wenig weit. Sie stehen nicht im Einklang mit der historischen Verantwortung, welche die Schweiz als reiches Industrieland für die Klimaerwärmung trägt. Immerhin hat sie ihre Klimaziele fristgerecht eingegeben, im Gegensatz zu vielen anderen Ländern wie China, Australien oder auch die EU. Diesen Staaten gewährt die Uno eine Fristverlängerung bis im September 2025. Auf Basis der eingereichten Klimaschutzbeiträge berechnet die Uno, ob diese ausreichen, um die Erderwärmung auf 1,5 Grad Celsius zu begrenzen.

Die Klima- und Energieexpert:innen Bettina Dürr und David Knecht von Fastenakton an der Weltklimakonferenz (COP29) in Baku.
Ungenügender Beitrag zum Klimaschutz
Gemäss Weltklimarat (IPCC) müssen die Emissionen bis 2035 mindestens um 60 Prozent reduziert werden (gegenüber 2019). Der Bundesrat hat in den aktuellen NDC festgelegt, dass die Schweiz ihre Emissionen bis 2035 um 65 Prozent im Vergleich zum Jahr 1990 reduziert. Auf den ersten Blick übersteigt dieses Ziel die Vorgaben des Weltklimarats. Doch es ist nicht so ambitioniert wie es scheint, denn es bezieht sich auf ein anderes Referenzjahr. Das Bundesamt ist dennoch der Ansicht, dass das Schweizer Ziel den Anforderungen des Weltklimarats entspricht. Die Klima-Allianz Schweiz hat aber berechnet, dass die Schweiz dafür mindestens 67 Prozent der Emissionen bis 2035 reduzieren müsste. So oder so ist das Klimaziel im Hinblick auf den historischen CO2–Ausstoss der Schweiz und ihre wirtschaftlichen Kapazitäten klar ungenügend. Sie hat in der Vergangenheit im weltweiten Vergleich überdurchschnittlich viele Emissionen ausgestossen und gehört zu den 20 Nationen mit dem höchsten CO2–Ausstoss pro Kopf. Die reichen Länder des Globalen Nordens sind verantwortlich für die Erderwärmung und müssen entsprechend dem Fair-Share–Prinzip (historische Verantwortung und wirtschaftliches Vermögen) ihre Mittel nutzen, um ihre Emissionen stärker zu beschränken.
Problematische Emissionsreduktionen im Ausland
Das Pariser Abkommen sieht vor, dass jedes Land seine eigenen Emissionen reduziert. So formuliert der Bundesrat in den nationalen Klimazielen, dass die Reduktion der Treibhausgase hauptsächlich mit Massnahmen im Inland geschehen soll. Allerdings lässt sich die Schweiz Emissionsreduktionen im Ausland anrechnen, um die Ziele vollständig zu erreichen. Zu diesem Zweck hat sie verschiedene bilaterale Abkommen mit Ländern im Globalen Süden abgeschlossen. Sie lässt sich diese Möglichkeit der Kompensation im Ausland bis 2035 offen. Das ist gleich mehrfach problematisch: Sie nimmt diesen Ländern günstige Lösungen zur Reduktion ihrer Treibhausgasemissionen weg. Zudem gibt es immer wieder Zweifel an der Wirkung dieser Projekte auf das Klima und den Umweltschutz. Die Schweiz hat genügend technische und finanzielle Möglichkeiten, um die Emissionen im Inland zu reduzieren – was sie früher oder später sowieso machen muss.
Unklarer Beitrag der Schweiz an die Klimafinanzierung
Länder im Globalen Süden spüren die Folgen der Klimaerwärmung meistens besonders heftig. Das Pariser Klimaabkommen legt fest, dass die Industrieländer, die für einen grossen Teil der weltweiten CO2-Emissionen verantwortlich sind, ärmere Staaten finanziell unterstützen müssen. Damit können sie das Klima schützen und sich an den Klimawandel anpassen. Die Schweiz übernimmt zu wenig Verantwortung für Klimaschutz, auch bezüglich Finanzierung. Sie müsste entsprechend ihrer Wirtschaftskraft und den Emissionen im Ausland rund 1 Prozent zur internationalen Klimafinanzierung leisten – aktuell wären das jährlich 10 Milliarden US-Dollar. Aus dem NDC geht jedoch nicht hervor, welchen Beitrag die Schweiz zukünftig ans Klimafinanzierungsziel leisten wird.

Die Klimaerwärmung trifft die Schweiz besonders hart, wie beispielsweise der Rückgang des Rohnegletschers (VS) zeigt.
Verantwortung für Klimagerechtigkeit
Während hierzulande Gletscher schmelzen, leiden die Menschen im Süden unter Dürren, Überschwemmungen und Wirbelstürmen. Diese Extremwetterereignisse zerstören Ernten und bedrohen die Nahrungsmittelversorgung. Als Hauptverursacher der Erderwärmung müssen die Länder des Globalen Nordens ihren Ausstoss von Treibhausgasen stark verringern und für die entstanden Schäden aufkommen. Die Schweiz übernimmt zu wenig Verantwortung für Klimaschutz. Sie sollte sich mit ambitionierten und griffigen nationalen Klimabeiträgen am globalen Reduktionsziel beteiligen und einen fairen Beitrag zum Minimalziel des Weltklimarats leisten. Fastenaktion setzt sich für eine gerechte Verteilung der Lasten der Klimaerwärmung ein, denn dies verbessert die Ernährungssicherheit und reduziert den Hunger.
Lesen Sie hier unsere Medienmitteilung zu den Schweizer Klimazielen
Lesen Sie hier die Analyse der Klima-Allianz Schweiz (auf Englisch)