Gemeinsam mit anderen Frauen des Dorfs arbeitet Oumou Oussalé Balori im Schatten von ein paar Bäumen an mehreren grossen Töpfen. In einem knetet sie gerade mit beiden Händen eine schmierige bräunliche Masse: Sheabutter. Dieser wertvolle Rohstoff wird in Lebensmitteln, für die Haut- und Haarpflege und sogar für Seife verwendet und spielt im ländlichen Westafrika eine entscheidende wirtschaftliche Rolle: Es ermöglicht Frauen ein zusätzliches Einkommen und eine gewisse finanzielle Unabhängigkeit.
«Früher habe ich Sheabutter traditionell unter dem Mangobaum hergestellt, ohne mir Gedanken über die Hygiene zu machen», erzählt Oumou. «Heute jedoch entsteht dank einem neuen Herstellungsverfahren ein qualitativ besseres Produkt.» Dieses Verfahren lernte sie an einer Schulung der Organisation Lougouzena, die seit einem Jahrzehnt von Fastenaktion unterstützt wird.
Bedrohung durch Klimaerwärmung und Chemikalien
Die 38-Jährige ist Mutter von sieben Kindern, Hausfrau, aber auch ein aktives Mitglied der Genossenschaft im Dorf Songo im Süden Burkina Fasos. Die Menschen dieser Region sind stark mit den Folgen der Klimaerwärmung konfrontiert: häufigere Trockenphasen und unberechenbare Regenfälle erhöhen das Risko für Ernteausfälle. Hinzu kommen belastete Böden durch den Einsatz von Chemikalien beim Goldwaschen und durch nicht nachhaltige Landwirtschaft.
Frauen wie Oumou stehen vor zusätzlichen Herausforderungen: Da sie mit Hausarbeit und Landwirtschaft stark ausgelastet sind, haben sie wenig Zeit, ihre Kenntnisse in der Verarbeitung und Produktion von Nahrungsmitteln zu erweitern. So sind sie oft gezwungen, ihre Produkte direkt vom Feld zu lächerlich niedrigen Preisen zu verkaufen und verfügen deshalb in der weniger produktiven Jahreszeit über zu wenig Lebensmittel und Finanzen. Sie sind auch meist finanziell abhängig von ihren Männern. Oumou war zum Beispiel lange für jede noch so kleine Ausgabe ganz auf ihren Ehemann Amadou angewiesen. Dieser ist Goldgräber und häufig unterwegs, doch garantiert sein Job kein festes Einkommen.
Plötzlich finanziell unabhängig
Hier setzt Lougouzena an: Schulungen und andere Unterstützungsmassnahmen stärken 634 Frauen aus 26 Genossenschaften nicht nur wirtschaftlich, sie erhöhen auch die Ernährungssicherheit. Unterrichtet werden neue Techniken der Lebensmittelverarbeitung sowie Marketing- und Finanzmanagement – beides erhöht die Einnahmen der Frauen. Und insgesamt profitieren davon 3514 Personen.
Oumou ist mittlerweile sogar finanziell unabhängig. Sie hat ein eigenes Bankkonto, finanziert die Produktion von Maniokgriess, Sheabutter und Seifenkugeln selbst und macht so einen monatlichen Gewinn von 20.000 bis 25.000 CFA-Francs (rund 30 Franken). «Die Treffen in unserer Genossenschaft haben mir die Augen geöffnet. Ich wurde mir meines Potenzials als Frau bewusst und fühle mich heute stärker und unabhängiger», sagt Oumou sichtlich stolz.
Gestärkte Gleichstellung der Geschlechter
Auch auf die Beziehung zu ihrem Ehemann hat sich das alles positiv ausgewirkt: «Es gibt heute ein besseres Verständnis und mehr Zusammenhalt und Solidarität zwischen uns», erzählt sie. Anfangs hatte Amadou gezögert, ob seine Frau sich an dem Projekt beteiligen sollte, doch sie gab nicht auf: «Ich habe ihm erklärt, dass diese Treffen Frauen auf dem Weg zur Selbstbestimmung begleiten sollen, damit sie sich besser um ihre Familien kümmern können.» Heute ist auch Amadou froh um all die positiven Entwicklungen.
Die Gleichberechtigung der Geschlechter ist die Wurzel für einen tiefergehenden gesellschaftlichen Wandel, weshalb Fastenkation in ihren Projekten darauf viel Wert legt. «Das Wissen, das uns hier vermittelt wird, ist ein echter Hebel für unsere Emanzipation», findet auch Oumou.
Die Erfolge haben sie ausserdem zu ambitionierten Zukunftsplänen inspiriert: «Ich will meine Sheabutter-Produktion weiter verbessern und so die Vermarktung erleichtern. Und eines Tages möchte ich ein neues Haus bauen, um meiner Familie mehr Komfort zu ermöglichen.»