Senegal

Solidaritätsgruppen fördern den Frieden

24.09.2024

Sie stärken nicht nur dörfliche Gemeinschaften, vermindern Schulden und verbessern die Ernährungssituation – laut zwei Studien haben die Solidaritätsgruppen im Senegal auch eine friedensfördernde Wirkung. Vor allem, weil sie die soziale Stabilität der Gemeinschaften erhöhen.

Ein Text von Ralf Kaminski, Redaktor bei Fastenaktion 

Eine Kalebasse ist ein hübsch dekoriertes traditionelles Gefäss, hergestellt aus einem ausgehöhlten Kürbis. Es steht im Zentrum, wenn sich die senegalesischen Solidaritätsgruppen einmal pro Woche versammeln – darum werden sie auch Solidaritätskalebassen genannt. Die Frauen bilden einen Kreis um die Schale, über der ein Tuch liegt. Dann legen alle nacheinander im Rahmen ihrer Möglichkeiten Münzen oder Scheine in die Kalebasse, verdeckt unter dem Tuch, so dass niemand sieht, wer wieviel hineinlegt. Wer nichts hat, kann auch einen Kiesel reinwerfen, damit es trotzdem klimpert. 

Ursprünglich ging es darum, gemeinsam zu sparen, doch Solidaritätsgruppen legen nicht nur Geld für schlechte Zeiten zurück, sie investieren und organisieren gemeinsam Einkäufe. Ihre Mitglieder helfen sich gegenseitig, so dass sie sich nicht mehr verschulden müssen. All das wirkt sich auch positiv auf die Ernährungssituation und die Einschulungsrate aus.

 

Wohlergehen und Stabilität führt zu mehr Frieden

Inzwischen gibt es über 2200 solcher Kalebassen im ganzen Land, mit mehr als 73’000 Mitgliedern, die grosse Mehrheit von ihnen Frauen. Rund 730’000 Personen profitieren von den positiven Effekten der Solidaritätsgruppen, dies entspricht etwa 4 Prozent der Bevölkerung – viele von ihnen die Ärmsten der Armen. Und zu diesen Effekten gehört nicht nur Abbau von Ungleichheiten, die Stärkung der Gemeinschaften und ihrer Wirtschaftskraft, sondern auch die Förderung des Friedens. Dies ergaben zwei Studien, die 2023 im Senegal durchgeführt und von der Schweizer Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit (DEZA) mitfinanziert wurden. 

«Die Kalebassen haben eine friedensstiftende Wirkung auf die breitere Gemeinschaft», heisst es in der Studie der Schweizerischen Friedensstiftung Swisspeace in Basel. Dies geschehe «durch die Förderung von Werten wie Zusammenhalt, Solidarität und gegenseitiger Hilfe bei gleichzeitiger Deckung der Grundbedürfnisse». Praktisch jeder Aspekt des Lebens werde durch die Beteiligung an einer Solidaritätsgruppe bereichert. Dies verbessere «das persönliche Wohlergehen, den materiellen Komfort und die psychologische Entlastung». All das führt zu einer besseren sozialen Stabilität und hat eine friedensstiftende Wirkung innerhalb von Familien und Gemeinschaften. 

Eine senegalesische Solidaritätsgruppe hält ein Treffen ab.

Frauen als «soziale Friedensstifterinnen» 

Die zweite Studie, die eine senegalesische Sozialökonomin im Auftrag von AgriBio verfasst hat, einer Partnerorganisation von Fastenaktion, kommt zum gleichen Schluss: Die Solidaritätskalebassen wirken sich insbesondere positiv auf die zwischenmenschlichen Beziehungen innerhalb von Familien und Gemeinschaften aus. Ausserdem arbeiten ihre Mitglieder mit traditionellen und religiösen Autoritäten zusammen, um Konflikte zu lösen. Die Frauen seien geradezu «soziale Friedensstifterinnen», schreibt die Autorin. «Die Kalebassen sind ein mächtiger Hebel, den es in Krisenzeiten zu stärken, zu bewahren und zu aktivieren gilt.» 

Allerdings haben die friedvollen Effekte der Solidaritätsgruppen auch ihre Grenzen, wie Swisspeace festhält: «Fragen der staatlichen Politik oder der nationalen Sicherheit liegen ausserhalb ihrer Möglichkeiten.» Aber in einer Region, die immer wieder von bewaffneten Konflikten, Bürgerkriegen oder Terrorismus erschüttert wird, sind alle Initiativen wertvoll, die Gemeinschaften stärken und den Frieden unter ihnen fördern.

Studie Swisspeace

Studie AgriBio

Die Mitglieder der Solidaritätsgruppen arbeiten mit traditionellen und religiösen Autoritäten zusammen, um Konflikte zu lösen.

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