Aktionsforum

Vom kniffligen Umgang mit Macht

08.09.2024

Das Aktionsforum von Fastenaktion, das dieses Jahr im Luzerner Neubad stattfand, stand ganz im Zeichen des kniffligen Umgangs mit Macht. Neben diversen Workshops gab es mehrere Referate sowie Panel-Diskussionen über Erfahrungen aus der praktischen Arbeit unserer Koordinator:innen im Globalen Süden, die in dieser Woche zu Gast in der Schweiz waren.

Ein Text von Ralf Kaminski, Redaktor bei Fastenaktion 

An UN-Klimakonferenzen kommen jeweils die Nationen der Welt zusammen, um in zähen Verhandlungen kleine Fortschritte zu erzielen. Wie sehr dabei auch Machtungleichgewichte eine Rolle spielen, illustrierte Bettina Dürr in ihrem Workshop am zweiten Aktionsforum von Fastenaktion. Unsere Klimaexpertin, die schon an zahlreichen solchen Konferenzen mitdiskutiert hat, machte die Teilnehmenden in einem Rollenspiel zu den Verhandlungsdelegationen der USA, Chinas, Saudi-Arabiens, Vanuatus oder der Schweiz. Und liess sie dabei aushandeln, ob sie bereit wären, ihre eigenen Emissionen zu senken oder mehr Geld im Kampf gegen die Klimaerwärmung zu investieren.  

Schon bald sah man die Delegierte der vom Untergang bedrohten Südseeinsel Vanuatu bei der reichen Schweiz um Geld betteln, während die grosse US-Delegation mal schnell die zwei Vertreter Saudi-Arabiens zur Seite schob, um mit den mächtigen Chinesen zu verhandeln. Das Rollenspiel erwies sich nicht nur als äusserst unterhaltsam, sondern als sehr erhellend: Es steht längst nicht für alle Länder gleich viel auf dem Spiel – und die, die viel zu verlieren haben, sind oft weniger einflussreich als andere bei den Verhandlungen.

 

Den Benachteiligten eine Stimme geben 

Denn die geopolitische Macht ist stark an die Wirtschaftskraft eines Landes gekoppelt. «Zudem werden Frauen, junge Leute und Indigene oft weniger ernst genommen», erklärte Bettina Dürr. «Deshalb versuchen wir als Fastenaktion, besonders ihnen an solchen Konferenzen Raum zu schaffen.» 

Im Workshop nebenan erklärte derweil Ajoy Kumar, wie genau er gemeinsam mit Partnerorganisationen vorgeht, um marginalisierten Gemeinschaften zu mehr Selbstbewusstsein und Handlungsspielraum zu verhelfen. Der Koordinator von Fastenaktion in Indien bringt rund 40 Jahre Erfahrung in der Entwicklungszusammenarbeit mit und hat in dieser langen Zeit viele erfreuliche Fortschritte erlebt. «Die Macht ist heute weniger ungleich verteilt als früher.  

Geholfen hat dabei, dass die indische Regierung sich selbst zum Ziel gesetzt hat, die Entwicklungsziele der Agenda 2030 der Vereinten Nationen zu erreichen. «Dies ermöglicht uns Kooperationen mit Behörden und wissenschaftlichen Institutionen, insbesondere bei der Förderung der Agrarökologie.» Gleichzeitig werden mittels erprobter Strategien wie Solidaritätsgruppen und Schulungen die Bildung, die Geschlechtergerechtigkeit und die eigene kulturelle Identität innerhalb der Gemeinschaften gestärkt. «So ist es heute nicht mehr ungewöhnlich, dass weibliche Angehörige benachteiligter Gruppen selbstbewusst mit Behördenvertreter:innen verhandeln», erklärt Ajoy Kumar.

Im Workshop zu Klimagerechtigkeit wechselten die Teilnehmenden die Perspektive, um Machtdynamiken zu erkennen.

Macht im Dienste anderer nutzen 

Im Fokus der Veranstaltung stand die Frage, wie man andere ermächtigen oder Macht begrenzen und abgeben kann. Der Sozialethiker und Theologe Thomas Wallimann zeigte im Einstiegsreferat auf, wie die katholische Soziallehre als nützlichen Wegweiser dafür genutzt werden könnte. «Machtstrukturen sind unvermeidlich, aber das Ziel muss sein, Macht nicht egoistisch zu nutzen, sondern in den Dienst anderer zu stellen, insbesondere der Benachteiligten – und dafür in gemeinsamen Diskussionen gute Wege zu finden.» Tiziana Conti, die Medienverantwortliche von Fastenaktion in der Romandie, illustrierte derweil anhand vieler Beispiele, wie sehr sich die Kommunikation der Entwicklungsorganisationen in den letzten Jahrzehnten verändert hat.

 

Von Elendsbildern zu selbstbewussten Menschen 

Früher wurden mit Elendsbildern von weinenden ausgehungerten Kindern Spenden gesammelt. «Man spielte mit den Emotionen des Publikums, die Würde dieser Menschen spielte keine Rolle, auch die Gründe für das Leid wurden nicht thematisiert», erklärte sie. Dieses offensichtliche Ungleichgewicht der Macht hat sich stark verändert. «Heute stehen bei NGOs Gleichberechtigung und Nachhaltigkeit im Zentrum, entsprechend haben sich auch die Bilder verändert: Sie zeigen selbstbewusste Menschen, die ihr Schicksal in die eigenen Hände nehmen. Und die strukturellen Hintergründe für die Schwierigkeiten im Globalen Süden werden dargestellt und angegangen.» 

Im Rahmenprogramm der Veranstaltung sprach auch Lucrezia Meier-Schatz, die Präsidentin des Stiftungsforums von Fastenaktion. Sie betonte, wie wichtig es ist, anderen auf Augenhöhe zu begegnen. «Respekt, Würde und Vertrauen ist unser Motto gegenüber Partnerorganisationen und den Menschen im Globalen Süden.» Und sie rief die Gäste des Aktionsforums dazu auf, sich gegen die geplanten Kürzungen des Parlaments bei der internationalen Entwicklungszusammenarbeit einzusetzen. «Auch Sie haben Macht! Nutzen Sie sie, wenden Sie sich an Ihre Volksvertreter und helfen Sie mit, dass diese Kürzungen abgelehnt werden.» 

Sprechen Sie sich hier gegen die Kürzungen in der Entwicklungszusammenarbeit aus und lösen Sie Solidaritäts-Alarm aus.

In ihrem Referat zeigte unsere Medienverantwortliche aus der Romandie auf, wie sich die Kommunikation von Organisationen wie Fastenaktion verändert hat.

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