In Kolumbien sprechen wir eher von «Agricultura de Conservación». Es handelt sich um eine Art Landwirtschaft, welche Nahrung für die Familien der Kleinbauern, aber auch für das Ökosystem erzeugt. Auch die Natur hat ein Recht auf Nahrung.
Nahrung für das Ökosystem, das klingt etwas fremd für europäische Ohren. Was ist darunter zu verstehen?
In der industriellen Landwirtschaft werden nur die Profite für den Menschen maximiert, ohne der Natur in Form von Biomasse etwas zurück zu geben. Dass dies auf lange Sicht nicht funktioniert, wird offenkundig, wenn man bedenkt, dass durch Übernutzung, Dünger und Pestizide jährlich tausende von Hektaren fruchtbares Ackerland verloren gehen.
Welche Vorteile hat eine solche Landwirtschaft denn für die beteiligten Menschen?
Sie erlaubt den Bauernfamilien ihre Lebensgrundlage auch in Zukunft zu erhalten und sich mit gesunder Nahrung zu versorgen. Dass viele verschiedenen Pflanzen zusammen angebaut werden, erlaubt eine ausgewogene Ernährung. Und sollte es zu einem Ausfall einer Ernte kommen, so sind immer noch die anderen Kulturen da.
Wie kann man denn diese «Agricultura de Conservación» lernen?
In der Vergangenheit wurde den Bauern gepredigt, dass sie zuerst das Ökosystem beseitigen müssen, bevor sie Pflanzen können. Für die «Agricultura de Conservación» müssen sie sich davon wieder lösen und lernen, die Landwirtschaft als Teil des Ökosystems zu verstehen.
Sie beobachten den Nährstoffzyklus und die Umwandlung der Biomasse, die Vögel und die Wildpflanzen. So lernen sie, eine Landwirtschaft aufzubauen, bei denen sich die unterschiedlichen Pflanzen und Tiere ergänzen und im Gleichgewicht halten. Beispielsweise gibt es in Kolumbien 1892 Vogelarten. Jede davon hat ihre spezifischen Aufgaben, zur Kontrolle von Insekten und zur Verbreitung von Samen vieler Wildpflanzen.
Das Interview führte Simon Degelo.