Entwicklungsprojekte finden oft in Kontexten statt, die von grosser Armut, Menschen-rechtsverletzungen und Naturkatastrophen gekennzeichnet sind. Manchmal verstärken sie auch gesellschaftliche Spannungen, weil sie eine Veränderung ungerechter Machtverhältnisse anstreben. Bei der betroffenen Bevölkerung kann dies Angst und Stress auslösen und bis hin zu Traumatisierungen führen. Um dem vorzubeugen, fördert Fastenaktion das psychosoziale Arbeiten in seinen Projekten und Programmen. Damit wird die Basis für Austausch und Dialog geschaffen; eine wichtige Voraussetzung, damit Menschen den Mut nicht verlieren, sich gemeinsam für positive Veränderungen einzusetzen.
Jedes Jahr zerstören Taifune auf den Philippinen mit enormer Gewalt ganze Ernten, Fischerboote und Häuser. Obwohl immer öfter vorbeugenden Massnahmen getroffen werden, bleibt der Schaden meist enorm und bringt die betroffenen Familien in eine äusserst prekäre Situation. In der Demokratischen Republik Kongo bietet der Staat keinen Schutz vor Menschenrechtsverletzungen: die Regierungsführung ist schwach und mehr als 70% der Bevölkerung hat nicht genug zu essen. Straflosigkeit ist weit verbreitet und fördert das Entstehen von Konflikten und Gewalt.
Wie Projekte durchführen bei allgegenwärtiger Unsicherheit und dem Gefühl der Ungerechtigkeit?
Um in solch schwierigen Kontexten zu arbeiten, hat Fastenaktion Instrumente zur Transformation von Konflikten sowie für die psychologische Unterstützung entwickelt. Diese zielen darauf ab, die Effizienz von Projekten durch die Arbeit am Faktor Mensch zu gewährleisten. Die Besonderheit des psychosozialen Ansatzes besteht darin, persönliche Erfahrung mit dem sozialen Kontext zu verbinden. Es geht darum, das, was die Menschen fühlen, in der Arbeit zu berücksichtigen.
In den Philippinen hat Fastenaktion Räume geschaffen – sogenannte sharing spaces –, in denen die Opfer von Naturkatastrophen und Gewalt ihre Gefühle ausdrücken können. Dadurch bleibt die Verbindung zwischen den Mitgliedern der Gemeinschaft wie auch des Projektteams erhalten. Ein Opfer des Taifuns Nona im Dezember 2015 erzählt: „Jetzt kann ich weinen. Das Ausdrücken meiner Gefühle der Hoffnungslosigkeit half mir, mich leichter zu fühlen“. Diese emotionalen Momente verstärken die Bande zwischen den Mitgliedern einer Gemeinschaft und schützen die gemeinsam geleistete Arbeit. Die Solidarität und die gegenseitige Unterstützung werden gestärkt.
In der Demokratischen Republik Kongo setzt Fastenaktion immer wieder das Instrument der psychosozialen Konfliktanalyse ein. Zum Beispiel, als zwischen zwei Dörfern ein gewalttätiger Konflikt um Land ausbrach, blockierte dies die gemeinsame Weiterarbeit. Das Projektteam fühlte sich hilflos und machtlos. Das Ausdrücken solcher Gefühle und die gemeinsame Analyse ermöglichten es, den Zusammenhalt im Team zu stärken und Wege für den Dialog zwischen den beiden Dörfern zu identifizieren. Das Instrument beinhaltet auch das Konzept „Do no harm“ von Mary Anderson. Denn in einem konfliktgeladenen Umfeld ist es unerlässlich, bereits schwierige Situationen nicht zu verschlimmern und allfällige Fallstricke zu berücksichtigen.
In unserem Magazin Perspektiven 03/21 haben wir ein Dossier zum Psychosozialen Ansatz aufbereitet.